Newsletter Juni 2024
Die Krisen sind nicht das Problem in unserem Leben. Unser Problem ist, dass wir mit den Krisen nicht umgehen können
Albert Schweitzer
Das Zitat stammt aus einem Bericht über Salutogenese des Spital St. Gallen, wo u.a. über die Gesundheit – und Patientenkompetenz berichtet wird. Dort steht auch geschrieben, dass uns folgende Frage, unser Leben lang begleiten sollte:
Was tut mir nachhaltig gut?
Bei der Salutogenese geht es also auch darum, die Sichtweise (den Fokus) zu verändern, so
wie mit dem «halb vollen Glas». Das tönt manchmal so einfach, wie es im «Positiven
Denken» daherkommt, eine echte, tiefgreifende Veränderung im Denken, was auch zu einem
anderen Handeln (und dann später auch Fühlen) führt, ist im Alltag, besonders wenn er so
überladen ist und die Ablenkungen und Anforderungen so gross, alles andere als einfach.
Viele Studien zeigen jedoch, dass diese Grundhaltung von Hoffnung und Vertrauen in das
Leben, auch Optimismus zu mehr Gesundheit führt, wogegen die Gefühle von Ohnmacht,
Hilflosigkeit und Misstrauen sehr grosse Risikofaktoren sind für Krankheiten, möglicherweise stärker gewichten als die klassischen Risikofaktoren (wie Cholesterin, Übergewicht). Doch wie
wollen wir dieses Denken der «Salutogenese» in unser Gesundheitswesen bringen, welches
ja nach wie vor auf Krankheiten konzentriert ist. Was macht mich krank, und an welchen
Krankheiten leide ich, sind immer noch weit wichtiger, als «was macht oder hält mich
gesund» und was ist ein «gutes Leben»?
Dieses Jahr fand in Passau im Mai wieder ein Symposium für Salutogenese statt, dass dieses
Jahr auch vom Verein «xunds-grauholz» mitorganisiert wurde. Eine Studentin im
Wahlstudienjahr hat uns begleitet. Dort wurden uns drei Fragen gestellt, die ich gerne mit
Ihnen/euch teile, vielleicht hilft es uns allen die Idee besser zu verstehen
- Wie würden sie die Salutogenese jemanden, der sie nicht kennt, erklären?
- Wie erkennen sie in einer Praxis, einer Organisation, einem Team, dass es nach
salutogenetischen Prinzipien arbeitet? - Fällt ihnen ein Lied ein, das die Salutogenese passend wiedergibt?
Wir haben diese drei Fragen letzte Woche unserem Team gestellt. Die Antworten waren
berührend und ermutigend, dass wir auf einem guten Weg sind, selbst wenn wir immer
wieder Krisen begegnen – intern und extern, worüber wir in diesem Newsletter berichten.
Ich wäre dankbar, wenn sie uns Antworten auf diese Fragen schicken würden.
«Unsere» Antworten folgen im nächsten Newsletter…
Jede chunnt u jede geit – jeder kommt und jeder geht…
Tinu Heiniger
Das Lied von Tinu Heiniger, einem der Urväter der Berner Musik (nach Mani Matter, wie Polo
Hofer), ist geistreich, wahr und lädt zum Nachdenken ein. Das Thema ist das Sterben,
welches zum Leben gehört wie die Geburt, aber immer noch anders behandelt wird. Die
Vorbereitungen auf eine Geburt sind mannigfaltig und oft hilfreich, wobei einige Eltern auch
durch all die Tipps und Ratschläge verunsichert werden, was ist nun richtig, was ist wichtig
und was «tut uns» und dem «ungeborenen Kind» wirklich gut. Für das Lebensende gibt es
immer noch wenig, vielleicht weil das Grundgefühl Angst ist und nicht Freude wie bei der
Geburt. Ein Abschied tut meist weh, ist selten eine Erlösung, eine Ankunft macht Freude,
höchstens ein wenig Sorgen. Vor Jahren habe ich den Begriff «abschiedlich leben» kennen
gelernt. Dabei geht es darum, diesen letzten Abschied im Alltag immer auch etwas
«einzuüben» – sei es am Abend beim Einschlafen mit einen «liebenden Blick auf den Tag»; sei
es Ende Woche, wenn der Sonntag vorbei ist, die neue Woche beginnt, sei es Ende Jahr, sei
es nach der Arbeit, bei der Pension, aber auch, wenn uns Mitarbeiter: Innen verlassen.
Es gibt keine Liebe ohne Erinnerung, keine Erinnerung ohne Kultur, keine Kultur ohne Liebe Deshalb ist jedes Gedicht ein Faktum der Kultur wie ein Akt der Liebe wie ein Blitzlicht der Erinnerung, und ich würde anfügen – des Glaubens
Joseph Brodsky
Adieu - Abschiede
Jylia Osmani, MPA, sucht bei einem Urologen eine neue Herausforderung. Nach einer schwierigen Lehre in einer anderen Praxis, hatte sie bei uns eine «neue Heimat» gefunden und durfte viel lernen für eine «ganzheitliche Grundversorgung».
Istvan Lindi, war ein Jahr als PAA bei uns, in seinem Fremdjahr (er wird nun Psychiater FMH sein) und verlässt uns Ende Juni. Seine ruhige, besonnene Art war für viele Patient: Innen gut.
Anneke Fischer, PAA, zieht im Rahmen ihrer Weiterbildung zur Ärztin FMH Allgemeine Medizin weiter nach Olten. Sie war die erste PAA, die 50% auch als PAA für Psychosomatik gearbeitet hat (s. unten).
Ursula Stutz, Hausärztin, sie war als Stütze in der Nachfolgeplanung als Hausärztin gedacht, geplant und gewünscht. Aus persönlichen Gründen sieht sie ihren Weg in einer kleineren Praxis.
Wir danken ihnen für ihr grosses Engagement und wünschen Ihnen beruflich wie privat viel Erfüllung und Erfolg, die Türen bei uns bleiben offen.
Willkommen
Zur Salutogenese gehört u.a. auch das Arbeitsklima sowie eine «Willkommenskultur», nicht nur von Mitarbeiterinnen, sondern auch von Patientinnen und Angehörigen. Sich willkommen fühlen ist grundlegend für Wohlbefinden und Motivation, stärkt Vertrauen und Beziehung.
Celia Degonda, PAA
Sie arbeitet im Rahmen ihrer Weiterbildung FMH Allgemeine Innere Medizin bei der Salutomed, sie hat sich gut eingelebt und wird von Patient: Innen und Team sehr geschätzt.
Fabian Wagner, PAA
Er war bereits als «Telefonstudent» bei uns und hat sich dort sehr bewährt; sein Ziel ist die Anästhesie FMH, als Truppenarzt im Militär hat er bereits einige Erfahrungen in der Grundversorgung gemacht.
Anne Berger – Gottfried, PAA
Sie war als Studentin aus Witten vor Jahren bei uns, lebt nun mit ihrer Familie in der Schweiz und möchte kurz vor der FMH-Anästhesie vielleicht doch in die Hausarztmedizin wechseln.
Samira Hammami, Administration
Während Jahren hat sie mit Emil Sabanovic bei dessen Psychotherapie-Praxis in Bern administrativ und organisatorisch begleitet. Sie übernimmt diese Tätigkeit nun an der Bernstrasse und wirkt dort bereits positiv.
Robin Kaufmann, Psychiater
Er wird das Team an der Bernstrasse ab Juli wesentlich verstärken. Er hat über Jahre mit Frau Ceesay und Herrn Sabanovic in Münsingen zusammenarbeitet. Ebenso mit den bisherigen:
Lavinia Duda, Psychiaterin, sie wird ihre Arbeitstätigkeit bei uns steigern (80%)
Adriatik Komoni, Psychiater, wird bei uns weiterarbeiten (60%)
Medizinstudent: Innen
Seit 2000 unterreichten wir Student: Innen, sei es im Praktikum (halbe Tage ab Beginn des Studiums), im Gruppenunterricht (psychosoziale Medizin) oder im Wahlstudienjahr. Seit 2 Jahren haben wir ein Pilotprojekt (auf Anregung eines Studenten), wo Medizinstudent: Innen ab dem 3. Studienjahr bei uns am Telefon Triage machen, also mit ihnen entscheiden, wann, wie dringend und bei wem sie einen Termin erhalten. Sie haben dazu auch einen eigenen
Algorithmus entwickelt. Die Rückmeldungen sind meist sehr gut, und ein Teil der Medizinstudent: Innen hat «Feuer gefangen für die Hausarztmedizin».
So heissen wir regelmässig neue Student: Innen willkommen, es würde aber zu weit führen, alle persönlich immer wieder zu verabschieden und willkommen zu heissen. An dieser Stelle ein grosses MERCI für ihr Engagement auch ausserhalb ihrer «Pflichten».
All diese Mitarbeiter: Innen sowie deren Wirken bei uns machen mir persönlich Mut und Hoffnung, dass die Grundversorgung hier gesund weiterlebt und sich sinnvoll weiterentwickelt
Ein Vakuum, geschaffen durch fehlende Kommunikation, füllt sich in kürzester Zeit mit falscher Darstellung, Gerüchten, Geschwätz und Gift
Cyril Northcote Parkinson
Umbau
Ende letzten Jahres haben wir von der Verwaltung einen Brief erhalten, dass 2024 die
Liegenschaft im grossen Stil renoviert werden wird. Das Flachdach ist seit 2023 defekt, wir
hatten deshalb vorübergehend Wasser am Empfang. Leider war bisher die Kommunikation
sehr spärlich und schwierig, so dass wir nur «häppchenweise» informieren können. Wir
versuchen baldmöglichst einen runden Tisch zu organisieren, damit wir als Partner in einem
Dialog auf Augenhöhe, die kommenden, lauten und belastenden Monate möglichst gut und
gesund überstehen werden.
Der Umbau wird im August beginnen und dauert bis Ende 2024
Nach den Sommerferien wird es neben dem Lärm (und Staub) auch unweigerlich zu
verschiedenen Anpassungen in der Praxisorganisation geben, sicher auch Überraschungen
und vielleicht kurzfristige Absagen und Verschiebungen. Wir danken ihnen für ihr Verständnis
und ihre Flexibilität. Gemeinsam mit dem Team sind wir daran, kreative Lösungen für die
Sprechstunde zu suchen (Abendsprechstunde, Samstag, andere Lokalitäten).
Wir werden sie rechtzeitig auf dem Laufenden halten (Website, Wartzimmer, Extra-
Newsletter), dies alles in Abhängigkeit vom Bauprogramm, das wir Mitte- Ende Juni erhalten
sollten.
Kultur fällt uns nicht wie eine reife Frucht in den Schoss. Der Baum muss gewissenhaft gepflegt werden, wenn er Frucht tragen soll
Albert Schweitzer
Salutomed Beratung und Therapie (Bernstrasse 161)
Nach einem schwierigen Start unter der damaligen Führung (2020-2022) ist es uns unter der Leitung von Herrn Emil Sabanovic und Frau Natalie Ceesay gelungen, diese bisher so wichtige Säule unserer integrativen Medizin neu aufzubauen.
Seit 2000 ist die (delegierte) Psychotherapie ein wichtiges Angebot unserer Praxis, weil viele Menschen mit chronischen Leiden, komplexen Krankheitsbildern oder schwierigen Lebensgeschichten oft «mehr brauchen» als «nur» eine Hausärztin/einen Hausarzt. Seit Jahren versuchen wir, auch im Sinne unserer Philosophie sowie des Zwecks der Salutomed AG, interprofessionelle Angebote anzubieten und die Menschen auch im Team zu betreuen.
Die Gründung der TTZ AG (Therapie und Training, nun an der Bernstrasse 161), aber auch die Weiterentwicklung der Beratungen (MPA, Salutomed.care) sind Teil dieser Philosophie.
Seit 2023 bietet die Bernstrasse zwei Schwerpunkte an:
Krisen- und Liaisonpsychiatrie
Die psychischen Krisen nehmen nicht erst seit Corona zu, seither aber noch schneller. Unsere leistungs- und konsumorientierte Gesellschaft verlangt von den Menschen immer mehr Flexibilität und Eigenverantwortung bei zunehmend fehlender Sicherheit im Umfeld (Beruf, Familie, Beziehungen, Religion), dass Internet mit den social Media verändern unsere Freizeit- und Beziehungsgestaltung nachhaltig, meiner Meinung nicht in erster Linie «salutogenetisch» (gesundheitsfördernd), die virtuelle Welt ist aktuell eher krankmachend. Ab Juli arbeiten 3 Psychiater: Innen höherprozentig bei uns, sei es für kurzfristige Krisen-Interventionen, aber auch für längerdauernde Beratungen und Begleitungen. Die Leitung ist aktuell bei Frau Natalie Ceesay.
Nimm dir Zeit zum Glücklichsein, es ist die Quelle der Kraft
Nimmer dir Zeit zum Spielen, es ist das Geheimnis der Jugend.
Nimmer dir Zeit zum Lesen, es ist der Ursprung der Weisheit
– Achim von Arnim
Psychosomatische Diagnose und Therapie
Das biopsychosoziale Modell hat mich seit dem Studium (bei Prof. Adler, später in der systemischen Kommunikation bei Peter Ryser) begleitet, weil es den Menschen «ganzheitlich» zu erfassen hilft. Auf dieser Grundlage wird die Betreuung und Begleitung anders gestaltet, als wenn ich mich «nur» auf die eine oder andere Krankheit konzentriere. Seit 50 Jahren wissen wir, dass das soziale Umfeld (soziale Determinanten) 50% unserer Gesundheit bzw. Krankheiten ausmacht, also wo und wie ich lebe und arbeite, die Vererbung ist zu 30% mitentscheidend, die Medizin – also unser Gesundheitswesen nur zu 10-20%!
Die Hauptverantwortung liegt, ob wir wollen oder nicht im individuellen Verhalten und in den uns umgebenden Verhältnissen. Dieser Umstand ist in und an sich ein (oft zusätzlicher) Stress, der auch wieder krank machen kann. Seit 100 Jahren spricht die Medizin davon, dass 30% der Leiden in einer Hausarztpraxis «funktioneller Natur» sind, also dass «wir» oft keine klare körperliche Ursache finden. Aktuell sprechen wir von «Körper-Stress-Krankheiten», also Krankheiten, die durch ein Ungleichgewicht von Belastungen (Stress) und Ressourcen (eigenen Kräften) entstehen. Das vegetative Nervensystem, dass für unser Leben mitverantwortlich ist, weil es ohne unseren bewussten Einfluss unseren Körper steuert (Herzschlag, Atmung, Verdauung, Immunsystem etc.) fällt bei zu viel Stress aus dem Gleichgewicht. Zuerst versucht es in einem «Kampf-Flucht-Modus» gegen den Stress anzukämpfen, wenn es nicht funktioniert, ergeben sich verschiedene Körper-Symptome, welche uns krank machen, am Ende bleibt nicht selten Erschöpfung und (chronische) Müdigkeit. Das war schon immer so, nimmt aber aktuell zu. Hier möchten wir sowohl eine
zeitgemässe Abklärung und Behandlung anbieten.
Die Leitung ist bei Herrn Emil Sabanovic, auch für die interne Weiter- und Fortbildung. Gleichzeitig ist es uns wichtig, auch junge (Haus) Ärzte: Innen die Möglichkeit geben, ihre Kompetenzen zu verbessern. In Aus – und Weiterbildung wird hier aktuell noch (zu) wenig angeboten. Umso mehr freut es mich, dass es nun eine Bewegung der «Jungen Psychosomatik» gibt, analog den JHAS (Jungen Hausärzte: Innen). Für mich eine grosse Hoffnung, dass die Grundversorgung auf diesem Weg weiter gestärkt werden wird.
Das beste Mittel gegen den Stress hat vier Buchstaben: NEIN
– Ansgar Simon Freigericht
«sie hören ja diesen Herbst auf, oder früher, vielleicht erst im Winter oder Ende Jahr?»
So werde ich im Sprechzimmer gefragt. Gerne möchte ich (m)einen Zeitplan nochmals klären.
✓ Bis Ende 2024 möchte ich die Praxis verkaufen
✓ Bis Ende 2025 werde ich als Hausarzt «ganz normal arbeiten» (Montag, Mittwoch, Donnerstag in der Praxis, am Dienstag Heim- und Hausbesuche; am Freitag frei bzw. Reserve für Notfallsituationen rund um die Praxis
✓ 2026 ist ein «Timeout/ Sabbatical» geplant, wo ich u.a. entscheiden werde, in welcher Form ich Ende 2026 hausärztlich weiterarbeiten werde (ohne Leitungsverantwortung).
Diese vorzeitige, vielleicht missverständliche Information und Kommunikation haben mir und uns jedoch genügend Freiräume für das Gespräche gegeben, diesen so schwierigen Abschied genügend gut zu besprechen, verstehen und zu verarbeiten sowie neue Lösungen zu finden.
Drum bring mir Blueme solang i Fröid cha ha u nid ersch denn, wenn ich muess ga.
– Polo Hofer
Michael Deppeler und Team Salutomed, Juni 2024