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News 09/2023

News 09/2023

Newsletter September 2023
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«Wie kommen Patient:innen heute gesund durchs Gesundheitswesen?»

Simon Stähli

Eine gute Frage, die wir immer öfters zu hören kriegen. Meist vernehmen wir in der Sprechstunde erstaunliche bis erschütternde Geschichten, was Menschen, Patient:innen so alles erleben auf ihren Wegen zwischen Praxis und Spital – Spezialisten – Terminen und auf ihrem Weg wieder zurück. Gewisse Gräben scheinen sich aktuell leider noch zu vergrössern und vertiefen, nicht aus bösem Willen, sondern weil «wir» in verschiedenen Welten leben (und arbeiten), so dass oft ein gemeinsamer, ganzheitlicher Blick für den Menschen fehlt, diese «integrierte Sichtweise» wird immer schwieriger. Die Welt von Spital und Spezialist ist oft «fragmentiert» und «projekt-bezogen», die Grundversorgung sieht die Menschen mit ihren verschiedenen Krankheiten auf ihrem Weg als «Prozess», der im Idealfall zu einer persönlichen Entwicklung führen kann. Besonders die «Schwächsten» der Patient:innen werden oft nicht mehr gehört, auch nicht verstanden – und sie brauchen je länger, je mehr eine «Stimme», damit sie im Gesundheitswesen nicht noch kränker werden. Seit fast 20 Jahren versuchen wir mit der Praxis Salutomed, aber auch anderen Initiativen (dialog- gesundheit, xunds-grauholz, café mondial etc.) Brücken zu bauen, damit die «Patient:innen nicht vergessen und verloren gehen». Diese Philosophie, diese Modelle, versuchen wir in der Nachfolge ganz besonders zu bewahren.

Gleichzeitig entstehen durch immer mehr Spezialisierung immer mehr sogenannte Schnittstellen, wo Informationen überbracht und aufgenommen werden. An diesen heiklen Bruchstellen der Kommunikation passieren gemäss Horst Poimann, Würzburg, bis zu 30% der Fehler, Komplikationen und wer weiss, auch Kosten im Gesundheitswesen. Wir arbeiten gemeinsam daran, dass diese Schnittstellen zu Nahtstellen werden, und damit die Übergänge einfacher.

Während fast drei Jahren haben wir uns im «Projekt Patientenpfad» gemeinsam mit der Gesundheitsförderung Schweiz (PGV-Projekt) all diesen Fragen gestellt und sehr viel gelernt. Sie werden unseren Praxisalltag weiter beeinflussen:

(m)ein Patientenpfad ist gelebte Prävention, weil er (vorbeugend) mithilft, mich einlädt….

  • persönlich meine Gesundheit zu planen (care planning) im Dialog mit Angehörigen und Profis. Mit Beginn einer chronischen Krankheit, spätestens, erhalte ich einen Gesundheitskompass (xundheits-kompass), der mich wie eine Checkliste durch das Gesundheitswesen begleiten kann – mit persönlichen Schwerpunkten und Zielen, aber auch wesentlichen Arbeitsinstrumenten wie Medikamentenplan oder Patientenverfügung.
  • Die Partizipation der Betroffenen zu fördern (Patient:innen, Angehörige), sei es in der Sprechstunde, sei es auf dem Patientenpfad, weil sie sich, auch dank der oben genannten Schulung und Verbesserung der Gesundheitskompetenz aktiver in der Behandlungsprozess einbringen können; ich kann Teil des Teams werden. Allerdings ist hierbei Voraussetzung, dass die Profis im Gesundheitswesen ihre Patient:innen auch tatsächlich als mündige Partner:innen im Team sehen wollen
  • mein Netzwerk darzustellen, das mich unterstützt. Ich bin als Experte meines Lebens, meines Krankseins, nicht nur Rechte haben, sondern auch beitrage, eine Kultur von Kooperation, Transparenz und geteilter Verantwortung zu gestalten. Damit wird auch die Interprofessionalität im Alltag gelebt
  • meine und unsere Kommunikation zu verbessern, besonders an den Schnittstellen. Studien haben gezeigt, dass 30% der Fehler (vielleicht auch Folgekosten) infolge ungenügender Kommunikation geschehen. Mit TeamSTEPPS aber auch dem xundheits-kompass haben wir Instrumente gefunden und weiter entwickelt, die die Kommunikation verbessern und die Pannen reduzieren werden. Eine zweite Säule sind die entsprechenden Schulungen mit systemischem Ansatz u.a. mit dem Lehrbuch «die ärztliche Konsultation», welche für alle Profis angewendet werden kann.
  • die wahren Stolpersteine in der Grundversorgung zu zeigen. Das sind nicht in erster Linie die Kosten, sondern einerseits ein Fachkräftemangel, der dramatisch zunimmt.

Aus- und Weiterbildung werden nach wie vor grösstenteils im Spital und durch Spezialisten vermittelt, wo die Grundversorgung eher als Problem, denn als Lösung und Chance dargestellt wird. In der heutigen Work-Life- Balance habe ich als junge Ärztin im Spital und als Spezialistin weit bessere Chancen, in kürzerer Zeit Karriere zu machen und/oder mehr Geld zu verdienen, als „in einer weniger angesehenen Hausarztpraxis auszubrennen“. In diesem Denken bleibt die Grundversorgung eine Art Juniorpartnerin zweiten Ranges- eine Dienerin und Zulieferung für moderne, anzustrebende Spezial und Spitzenmedizin (wo der „ganze Mensch“ dann leider oft fragentiert wird). Dies führ zu einem zunehmenden Versorgungsproblem, wo keine Zeit mehr für echte Prävention ist. So verpassen wir, die so dringend notwendige Unterscheidung zwischen Dringlichkeit und Wichtigkeit. Eine Angst- und Misstrauenskultur lässt immer mehr Unwichtiges als dringlich erscheinen, so dass wir immer mehr reagieren als agieren, oft auch delegieren, meist an Spital und Spezialist, um ja nichts zu verpassen, nicht selten wegen Mangel an eigenen Ressourcen. Damit wird das Silodenken verfestigt, ebenso die Tendenz «akut zu überbehandeln».

«Wie das Feuer die Flamme in sich trägt, so ist es für die Kräfte des vernunftbegabten Menschen notwendig, ein Werk vor sich zu haben.»

Hildegard von Bingen (1098 – 1179)

All das hat uns in den letzten Jahren mit uns seit Corona ermutigt (gedrängt), neue Modelle und Instrumente einzuführen, teilweise mit sehr gutem Feedback.

Pflegefachfrauen in der Praxis
✓ Die steigende Komplexität vieler Patient:innen (viele Krankheiten, viele Medikamente, alleinstehend, soziale – und psychische Probleme etc.) führt zu einem erhöhten Zeitbedarf in der Sprechstunde, die eine einzelne Hausärztin kaum noch bewältigen kann. Das Praxisnetz mediX fördert seit Jahren die MPA zu mehr Kompetenz, wir haben auch dank dem Projekt zusätzlich Pflegefachfrauen angestellt – sie bilden oft mit einer Hausärztin ein Team, das diese Menschen besser und v.a. sicherer begleiten kann.

Medizin-Student-innen am Telefon
✓ Auch bei den MPA (medizinische Praxisassistentinnen) besteht ein Mangel. Seit Jahren bilden wir deshalb MPA aus, die dann oft 2 – 3 Jahre bei uns bleiben. Ein Grossteil will sich weiterbilden (Berufsmatur- BMS) oder sich sonst neu orientieren. Ein Wahljahresstudent hatte vor knapp 2 Jahren die geniale Idee, dass auch Medizinstudentinnen, diese Lücke schliessen könnten. Die Erfahrungen sind sehr gut, aktuell versuchen wir das «Pflichtenheft» dieser engagierten jungen Kolleg:innen weiterzuentwickeln, so dass sie uns in der Praxis vielgestaltig unterstützen und entlasten können.

SBAR – standardisierte Kommunikation an den Schnittstellen
✓ SBAR ist Teil des bereits früher beschriebenen www.teamstepps.de, den wir dank dem Projekt kennen gelernt hatten. Mit SBAR werden in Hochrisiko Situationen die Informationen klarer formuliert, die Patientensicherheit sowie die Teamzufriedenheit nachweislich erhöht. Wir haben hier an den «internen Schnittstellen» sehr gute Erfahrungen gemacht und versuchen dies nun auch im ambulanten Netzwerk (SPITEX; Heim, Apotheke etc.) einzusetzen, SBAR bedeutet

  • S – Situation
  • B – Background (Hintergrund, Umfeld)
  • A – Assessment (Beurteilung)
  • R – Rekommandation (Empfehlung, Entscheid)

Diese Vorgehensweisen schult mein eigenes Denken, meine Fachkompetenz und meine «Entscheidungsfreudigkeit», gleichzeitig erhalte ich zeitnah ein Feedback (nämlich durch den Entscheid des Empfängers), was wir dann diskutieren können.

«Zwischen dem, was man sagt, und dem, was der andere gehört und verstanden hat, können Welten liegen.

Schulz von Thun

xundheits – kompass
✓ Vor Jahren hatte ein Patient uns (s)eine Checkliste gezeigt, damit er bei der Betreuung seiner krebskranken Frau nichts vergisst. Daraus hat sich in den letzten Jahren der x-k entwickelt. Es ist ein Arbeitsinstrument – ähnlich wie der Medikamentenplan – mit dem wir arbeiten. Es dient den Patient:innen und uns, die Planung besonders bei verschiedenen chronischen Krankheiten besser zu planen, auch einen Besuch bei Spezialisten oder im Spital – vergleichbar mit dem «Schwangerschafts-Koffer», der bereits steht, wenn die Wehen losgehen oder der Blasensprung geschieht, so ist «alles bereit». Wir haben uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, dass 50% der Patient:innen mit chronischen Krankheiten so einen x-k bei sich haben und damit arbeiten.

«Was nützt es, wenn wir immer mehr Menschen zum Joggen bewegen, aber gleichzeitig die Luft zum Atmen immer dünner wird.»

– Eckhard Schupeta

Was wir sonst noch tun beim Fachkräftemangel?
Wir möchten an folgenden Schwerpunkten weiterarbeiten und bitten dabei um ihre Unterstützung, ihre Mitarbeit, aber auch ihre (kritischen) Fragen und ihre Geschichten dazu.

Zusammenarbeit und Betreuung in Teams
Damit wir Sie – trotz bestehendem und möglicherweise zunehmendem Fachkräftemangel – auch zukünftig gut, vielleicht sogar besser betreuen können, sind wir daran die Betreuung und Begleitung in Teams anzudenken. Sie können, müssen aber nicht, Teil des Teams werden: Team UP. Wir werden Sie in der Sprechstunde darauf ansprechen.

Team «chronische Krankheiten» (Hausärztin, Pflegefachfrau, MPA)
✓ Diabetes, Herz- Lungenkrankheiten, Krebsleiden, Rheuma, chronische Wunden etc.

Team «psychosozial» (Hausärztin, Psychiaterin, Psychiatrie SPITEX, Sozialarbeiter)
✓ Soziale Fragen (IV, Armut, Arbeitslosigkeit etc.)
✓ Psychische Leiden mit oder ohne Körpersymptome

Team «aufsuchende Medizin» (Hausärztin, Pflegefachfrau, MPA)
✓ Heimbewohnerinnen, Menschen, die zu Hause leben, die Praxis nicht mehr aufsuchen können

In Vorbereitung sind
Team «Notfall» (Hausärztin, Medizinstudentinnen, MPA, Pflege)
✓ Notfälle der Praxis-Patientinnen (ausserhalb der «normal» geplanten Termine)
✓ Notfälle für Patient:innen aus der Region Grauholz (ohne Hausärztinnen)

Team «Migration» (Hausärztin, MPA, Dolmetscher u.a.m.)
✓ Oft chronische Krankheiten, oft psychosoziale Fragen, oft traumatische Erfahrungen

Das Ziel dieser Betreuung ist, dass Sie als Teil des «Helfer-Teams» einerseits aktiv mitreden dürfen und sollen, was Sie von der Praxis erwarten, andererseits haben Sie mehr als eine Ansprechperson im Alltag aber auch in Krisenzeiten. Ihre Ansprech- und Bezugspersonen werden dann auch in Ihrem xundheits-kompass notiert sein.

«Manchmal zeigt sich der Weg erst, wenn man anfängt ihn zu gehen.»

– Paulo Coelho

Neues Datenschutzgesetz

Am 1.9.2023 tritt das neue Datenschutzgesetzt, europa-konform in Kraft. Das hatte in den letzten Wochen eine Menge administrative Vorarbeiten zur Folge. Bitte lesen sie dazu die Informationsblätter, die sie im Wartezimmer mitnehmen können oder im Sprechzimmer erhalten werden. Die Informationen sind auch hier nachzulesen.

Als Hausarztpraxis und Teil eines grossen Betreuungs- Netzwerkes haben wir es mit hochsensiblen (Patienten-) Daten zu tun, dieIhre Gesundheit betreffen. Sie müssen maximal geschützt werden.

Bitte helfen Sie uns mit, dass dies glückt.
Bitte sagen Sie uns, wenn Sie etwas beobachten, was nicht passt.
So werden wir erfolgreich diesen Übergang meistern.

Abschied und Neubeginn

«Konzentriere nicht all deine ganze Kraft auf das Bekämpfen des Alten, sondern darauf, das Neue zu formen.»

– Sokrates

Jana Oppliger

Nach 4 viel zu kurzen Jahren verabschieden wir sie als zuverlässige und von den Patient:innen sehr geschätzte MPA schweren Herzens, weil sie eine neue Herausforderung sucht, vielleicht sogar ausserhalb des Gesundheitswesens. Zuletzt hat sie Frau Odermatt in der Leitung unterstützt. Wir wünschen ihr privat und beruflich alles Beste.

 

Florin Scherer

Als PAA war er sehr rasch eine wichtige Stütze in einer Zeit, wo sich leider auch bei uns der Hausärztinnen – Mangel bemerkbar zu machen begann. Neben seiner Vielseitigkeit konnten wir auch von seinen kleinchirurgischen Fähigkeiten profitieren.

 

Istvan Lindi

arbeitet seit Juli als PAA für ein Jahr in der Salutomed, im neuen Modell 50% als Grundversorgung (Kirchlindachstrasse 7, Hausarztpraxis) und zu 50% in der Psychosomatik- Abteilung (Bernstrasse 161).

 

Adriatik Komoni

Er ist in der Weiterbildung vor dem Abschluss FMH Psychiatrie und arbeitet seit Sommer 2023 für 6 Monate als Psychiater, als Unterstützung des Teams «Beratung und Therapie» an der Bernstrasse 161 und der fachlichen Leitung von Frau Ceesay bzw. stellvertretend Herrn Sabanovic.

 

Taisha Chiwai

Nach abgeschlossener MPA – Lehre wird sie unser Team ab September verstärken, sie war in der gleichen Klasse wie Rina Hajrizi. Sie hat die MPA-Lehre ebenfalls erfolgreich abgeschlossen (Bravo!). Wir sind froh und dankbar, dass sie weiterhin bei uns mitarbeitet.

 

Anneke Fischer

Sie tritt im Oktober die Nachfolge von Florin Scherer als PAA an. Sie wird die erste Ärztin sein, die im «neuen Weiterbildungsprogramm» mitwirken wird. Das bedeutet 50% Hausarztmedizin, 50% Psychosomatik

 

Virginia Barrique del Barrio

Wird ab Dezember als zweite PAA des Modells bei uns beginnen. Sie stammt aus Barcelona und wird in den ersten Monaten in erster Linie in der Hausarztpraxis tätig sein, später ebenfalls 50/50.

Klara Schnyder, Céline Fiumana, Aurèle Sutter, sie alle ergänzen und erweitern unser Medizin-Student:innen-Telefondienst-Team.

«Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling».

– Laotse

Zum Abschied von Regine Fankhauser

Frau Fankhauser hat unsere Praxis seit 2020, vor, mit und nach dem Umbau wesentlich mitgeprägt. Sie war weit mehr als eine doktorierte Biologin, sie war auch Wissenschafterin, IT-Fachfrau und vertieft ausgebildet zu den Themen Bewegung, Kommunikation (Ideolektik) und Alter. Sie hat auch das Teamstepps aus den USA in den deutschsprachigen Raum geholt. Mit all ihren Kompetenzen unterstützte sie uns im Übergang von der erweiterten Einzelpraxis (Salutomed 1.0 seit 2006) in die Nachfolge-Organisation Salutomed 2.0 ab 2020 mit dem Ziel ein nachhaltiges, ärztlich geführtes integratives Zentrum für Grundversorgung zu sein, das auch nach der Pension des Gründers sich weiterentwickeln würde mit den Schwerpunkten Interprofessionalität, Partizipation sowie Salutogenese.

«Erfahrung ist nicht das, was einem zustößt. Erfahrung ist das, was man aus dem macht, was einem zustösst».

– Aldous Huxley

Als ehemaliger Partner sowohl in der Praxis wie in der Initiative Gesundheitsregion xunds- grauholz möchte ich Regine Fankhauser an dieser Stelle aus tiefsten Herzen für ihr jahrelanges, oft auch freiwilliges Engagement danken. Ihr Abschied hinterlässt eine grosse Lücke und viele Spuren, die nun gefüllt und weitergegangen werden können, im Sinne unserer jahrelangen Vision. Wir wissen, dass Frau Fankhauser in ihrer Einzigartigkeit nicht ersetzbar ist, gleichzeitig machen wir die Erfahrung, dass jede Nachfolge auch neue Chancen in sich birgt, dies gilt auch für meine persönliche Nachfolge bis Ende 2025.

Im Namen des Salutomed-Teams wünsche ich Regine Fankhauser alles Beste.

«Lass deine Taten sein wie deine Worte. Und deine Worte wie dein Herz.»

– Ludwig Uhland

Team Salutomed, Michael Deppeler